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🇩🇪 Mein Name ist...

Ich bin in Portugal geboren und bekam direkt einen Namen verpasst, der mir in der Schule mehr Spott als Applaus einbrachte.


„Iria gehen...“, sagten die Kids, und jedes Mal stach’s so ein kleines bisschen ins Herz. Danke, portugiesische Grammatik. Für alle, die jetzt ein Fragezeichen im Kopf haben: Der Konditional des Futurs von gehen ist, eben, iria. Eu irei, tu irás, ele/ela iria, und so weiter. Da muss man als Kind durch, wenn der eigene Name auf einmal Teil des Grammatikunterrichts wird.

 

Ich erinnere mich noch gut: Einmal rief der Lehrer laut durch die Klasse: „Wer kann mir den Konditional von gehensagen?“ Und ein Mitschüler brüllt: „IRIA!!!“ – und alle drehen sich zu mir um, kichern. Und das war eigentlich noch harmlos. Da gab’s schon schlimmere Momente, so peinliche, dass man als Kind am liebsten mit dem Kopf in den Schulranzen gekrochen wäre. Aber ok, irgendwann lernt man, das alles mit einem Schulterzucken abzutun. Oder eben mit einem kleinen Lächeln.

 

Aber dann kam die Schweiz.

Hier konnte keiner was mit meinem Namen anfangen und das war richtig angenehm. Keine Wortspiele mehr, keine Scherze, keine Mitschüler, die sich mit ihrem Halbwissen über portugiesische Verben aufspielen mussten. Stattdessen: neugierige Blicke und Fragen wie: „Iria? Was bedeutet das eigentlich?“

 

Tja. Gute Frage. Lange wusste ich’s selbst nicht. Ich dachte immer, meine Eltern hätten einfach den ersten besten Namen genommen, so wie man manchmal spontan beschliesst, dass das Baby jetzt nach der Lieblingstante heissen soll. Apropos: Eine Tante von mir heisst auch Iria. Ich vermute ja, die gute Frau hatte da ein Wörtchen mitzureden bei der Namenswahl meiner Eltern. Aber gut, so ist Familie eben, ein Mix aus Liebe, Chaos und Einflussnahme.

 

Heute weiss ich: Mein Name hat Geschichte. Und zwar eine richtig alte. Iria ist nicht einfach irgendein Name: Der ist schon seit Jahrhunderten in Portugal und Galicien unterwegs. Ich rede hier nicht von „vor ein paar Jahren“, sondern von vor über 1000 Jahren. Da trugen schon Frauen diesen Namen, lange bevor jemand auf die Idee kam, „Iria gehen...“ als Witz zu benutzen. Iria war nämlich der Name einer Heiligen – irgendwo aus dem Norden Portugals, vielleicht auch aus Galicien. Manche sagen, es bedeutet „die Friedliche“. Andere behaupten, es heisst „die Mutige“. Und dann gibt’s noch die, die meinen, es habe keltische Wurzeln – Natur, Spiritualität, weibliche Kraft, das volle Programm halt.

 

Ich? Ich sehe in Iria vor allem eins: eine Geschichte. Meine Geschichte.

Die Geschichte von einem Mädchen, das in Portugal in der Schule sass und dachte: „Warum ich?“. Die irgendwann in der Schweiz landete und merkte: Hey, mein Name ist gar nicht komisch, der ist besonders.

 

Klar, mein Leben war nicht immer friedlich. Und so heilig, wie’s die Heilige Iria vielleicht mal war? Also, da müssen wir jetzt auch nicht übertreiben.

 

Aber mutig?

Ja. Mutig bin ich. Und das, glaube ich, habe ich meiner Namensvetterin zu verdanken.

 

PS: An alle Portugiesen, die jetzt heimlich „iria gehen...“ in ihrem Kopf flüstern: Ja, ich weiss, ich weiss. Macht ruhig. Ich kann damit leben.


 
 
 

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